Guido Boehler ist PR-Profi. Als Inhaber einer PR- und Eventagentur muss er in der Corona-Krise Kommunikation neu definieren. Wie der Düsseldorfer Instagram und Friede-Freude-Eierkuchen-Posts beurteilt, warum es auf jedes Detail ankommt und weshalb persönliche Treffen und gemeinsame Erlebnisse nicht durch Zoom und digitale Events ersetzt werden, verrät er hier im Interview.
In Zeiten von Corona wirkt Instagram oft grottenpeinlich und hat etwas von Trivial-Trash, schreibt Matthias Horx in seinem jüngsten Artikel über Corona. Tatsächlich ist es im Moment wohl die größte Herausforderung, den richtigen Ton treffen. Wie sehen Sie das als Kommunikationsexperte?
Guido Boehler: Persönlich sehe ich das genauso. Wer sich jetzt mit der neuesten It-Bag und einem Glas Champagner fotografieren lässt, oder sich selber einfach nur inszeniert in Traumkulisse, hat den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Im Zuge von Corona bin ich sogar einigen Accounts entfolgt. Das hatte ich schon länger vor, nur Corona hat das bei mir beschleunigt und so habe ich den Absprung schneller geschafft.
Beruflich unterstützen wir unsere Kunden in einem festen Rhythmus mit Posts und Stories. Hier kommt es aber genau auf‘s Detail an. Natürlich soll ein Produkt zum „Haben Wollen“ animieren, oder der Designer oder Macher sympathisch und authentisch rüberkommen. Das kann man über das richtige Bild und eben auch über den passenden Text machen. Die Follower sehen sofort, was „echt“ und was einfach nur „aufgesetzt“ ist. Auch der Bezug zur aktuellen Realität sollte nicht fehlen, der richtige Hashtag oder auch ein Kommentar zur momentanen Lage machen es authentisch. Denn: Follower und Leser lassen sich nicht mit „Friedefreude-Postings“ hinters Licht führen.
Wie schafft man im Moment den Spagat zwischen Unterhaltung und Ernsthaftigkeit?
Unsere Aufgabe ist es die Kunden zu unterstützen. Die Geschäfte waren zwar zu und werden gerade erst langsam wieder eröffnet, aber Online ist stark gewachsen. Trotzdem ersetzt das natürlich nicht das stationäre Geschäft. Hier hilft die Kommunikation mit „fein abgestimmten“ Texten, Bildern und Statements. Immer muss klar sein, dass wir zwar in dieser besonderen Situation leben, aber dass es natürlich auch weitergeht. Viele denken an die “Zeit danach”, wobei niemand so genau weiß, wann das überhaupt sein wird. Wie wir alle wissen, wird Corona uns noch länger begleiten und wir müssen das Beste daraus machen.
In den nächsten Monaten steht eine Weltwirtschaftskrise zu befürchten. Viele Menschen werden ihren Job verlieren. Bedeutet das das Ende der Influencer?
Prognosen zum heutigen Zeitpunkt sind schwer darzustellen. Am besten ist es, jeden einzelnen Tag zu leben und immer wieder seine Entscheidungen anzupassen. Langfristig planen ist momentan einfach nicht möglich. Allerdings ist gerade jetzt Werbung und Kommunikation extrem wichtig. Da sind die auch die Medien und Influencer stark gefordert ! Wie in jeder Krise wird es hier Gewinner und Verlierer geben. Änderungen, Anpassungen werden das A und O sein. Business wie wir es vor Corona kannten, wird es so schnell nicht mehr geben .
PR ist immer von Kontakten, Treffen und Events getrieben. Inwiefern verändert die Coronakrise Ihre Arbeit als PR-Agentur?
In Zeiten wie diesen zeigt sich Stärke und Zusammenhalt. Wir merken, dass unsere langen, gut gepflegten und schon fast freundschaftlichen Kontakte zählen. Wir arbeiten sogar intensiver denn je zusammen. Das Telefon ist auch wieder wichtiger geworden, Videocalls sind super beliebt, damit man sich wenigstens auf dem Bildschirm sieht. Ich bin aber überzeugt, dass persönliche Treffen und echte gemeinsame Erlebnisse auch in Zukunft wieder wichtig werden. Es kann nicht alles durch digitale Fashion Shows, Zoom Meetings, etc ersetzt werden. Kommunikation ist etwas Schönes, und das möchte man zusammen erleben. Allerdings wird man nicht mehr für jede kleine Veranstaltung oder Meeting in den Flieger springen.
Gibt es etwas, das Sie aus der Corona-Krise mitnehmen?
Die Angewohnheit, alles für zu selbstverständlich zu nehmen. Nichts ist sicher, auch das Unmögliche ist möglich, und nichts bleibt wie es war. Weiterhin flexibel denken, kreativ und positiv bleiben und wirklich Spaß haben an den Dingen, die man macht. Und auch ruhig mal nein sagen können, wenn alles wieder zu viel wird und nicht machbar ist.