
Bis zu 40 Prozent weniger Touristen seit den Terroranschlägen in Paris, bis zu zweistelligen Umsatzrückgängen bei den Hotels, in der Gastronomie und den großen Department Stores und Luxus Monobrand Shops, weniger asiatische Einkäufer und dann auch noch eine fiese Mischung zwischen Regen und Schnee an der Seine: Paris hatte dieses Mal nicht die besten Rahmenbedingungen.
Dann noch die Diskussionen um den Sinn und Unsinn von Modenschauen, wer Christopher Baileys Beispiel, die Mode direkt nach der Show zu verkaufen, folgen wird. Unstimmigkeiten über Lieferrhythmen, Timing, weniger Kollektionen, nicht mehr so viel Stress für die Designer, ob Hedi Slimane bei Saint Laurent und Phoebe Philo bei Céline das Handtuch werfen, und dann auch kein Markt, der so richtig boomt und andere rezessive auffangen kann.
All diese Unwägbarkeiten und Diskussionspunkte haben zu einer Verunsicherung beigetragen, die überall in Paris – ob in den Showrooms oder Schauen – zu spüren war.
Dies hat auch Auswirkungen auf die Mode, von der selbst Leitbildmarken nicht verschont geblieben sind. Clare Weight Keller, die bei Chloé Wegbereiterin für den 70er Jahre-Hype in der Branche war und auch für diesen Sommer eine extrem starke Kollektion mit sportiven und romantischen Elementen präsentierte, hat dieses Mal überraschend auf Nummer Sicher gesetzt. Eine schöne, aber gehabte Kollektion. Jetzt noch einen Poncho über den Laufsteg zu schicken, nachdem er von jedem kommerziellen Anbieter rauf und runter kopiert wurde, zeigt, wie sehr auch im Hause Chloé Verkäuflichkeit im Fokus steht.
Phoebe Philo hat für Céline dieses Mal mit Volumen in allen Varianten gespielt. “Die Welt ist in Bewegung”, erklärt die Designerin backstage, und dieses Gefühl wolle sie durch die Beschaffenheit ihrer Entwürfe transportieren, indem sie mit Bewegungen spielt, das Innenleben nach außen kehrt, einem Oversized-Mantel noch einen großen Schulterwurf überstülpt. So weit, so gut. Und doch wird man irgendwie das Gefühl nicht los, dass die Silhouetten nicht rund sind, nicht miteinander harmonisieren, irgendwie nicht stimmig sind. Anders als in der Vorsaison, in der ihre minimalistischen Entwürfen durch den spielerischen Umgang mit Spitze eine weichere und doch typische Céline-Handschrift transportieren. Allerdings zeigt die Britin mit Mandarine-Lavendelblau und Schwarz eine der besten Farbkombinationen in dieser Saison, deren Kraft erst richtig im Showroom deutlich wird. Wie viele starke Einzelteile übrigens auch.
Nach Hedi Slimanes minikleinen Saint Laurent-Präsentation in Paris – die große Party fand in L.A. statt – mit Haute Couture-Modellen im schrägen Eighties-Look kann man eigentlich nur davon ausgehen, dass es seine letzte für das Traditionshaus war oder er zumindest aber der Stadt an der Seine mit Prêt-à-Porter den Rücken kehren will.
Von Glück reden kann Lanvin, dass die Nachfolge für Alber Elbaz gefunden ist. Die letzte Kollektion hat gezeigt, dass dringend eine neue Vision für die Marke entwickelt werden muss.
Am Ende des Schauen-Marathons versöhnt dann Nicolas Ghesquière bei Louis Vuitton. Wie er meisterhaft Sportswear-Elemente zu einem luxuriösen, zeitgemäßen Chic zusammenfügt, zeigt wieder einmal sein außerordentliches kreatives Talent. Wie Ghesquière Louis Vuitton jede Saison ein Stückchen mehr und besser in eine neue Ära führt, ist seinem vorherigen Arbeitgeber Balenciaga bis heute nicht gelungen.
Und last but not least Miuccia Prada, die ein starkes Schlusslicht setzt. Die Italienerin interpretiert bei Miu Miu das Thema Denim rauf und runter, ob als klassische Jacke mit Rückenparts aus Samt, Jeanshemden mit zartem Spitzenkragen oder Frack, die durch hochgeschoppte Ärmel und umgeschlagene, mit Knöpfen befestigte Rocklängen eine lässige Attitüde bekommen. Argyle-Muster werden durch die Kombination mit anderen starken Mustern wie Blumenprints gebrochen, wodurch ein eklektischer, wilder Mix entsteht.
Alle Fotos: Studio Martin Veit