Farbe, Drucke, Deko – und am besten noch eine dicke Applikation oder Stickerei on top. Der Spaßfaktor geht in die nächste Runde. Ganz Mailand ist im Gucci-Fieber. Ob in der Via Montenapoleone, Via della Spiga, in der Fußgängerzone bei Zara, Mango und Konsorten oder auf dem Laufsteg oder in den Showrooms – überall blitzt und blinkt es.
Egal, ob man die Looks von Alessandro Michele für Gucci jetzt supercool oder grottenhässlich findet – und das lässt sich nach dieser Show durchaus noch kontroverser als in den vergangenen Saisons diskutieren – muss man sagen, dass der Italiener mit seinem schrägen Flohmarkt-Chic eine neue Ära ausgelöst hat.
Sein Prinzip, dass er bei allem was er tut, versucht Spaß zu haben, trifft offensichtlich den aktuellen Zeitgeist. Je schwieriger die Zeiten, desto bunter und schräger die Mode. Das ist eine alte Binsenweisheit, und doch trifft es den Kern. Unser Leben im Moment ist anstrengend genug, wir sitzen politisch auf einem Pulverfass – da verwundert es nicht, dass die Menschen Zerstreuung suchen, die ihnen die Designer allzu viele liefern.
Allen voran Alessandro Michele für Gucci. Der Italiener hat sich für die Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2017 von L.A. und Hollywood inspirieren lassen, und so ist auch die Kollektion: glamourös und kitschig, very Hollywood! Ein klassischer Gucci-Cardigan wird mit Kapuze zur Pseudo-Compton-Jacke, XL-Puffärmel zieren glitzernde Ananas, eine Baseball-Uniform bekommt Gucci-typische Glitzer-Bestickungen, Schlangenmotive zieren Blazer und Kleider, und obendrauf kommen noch dramatische Rüschen und Schleifen dazu. Eigentlich von allem zu viel…doch am Ende sind es die Highlight-Teile als Einzelteile sowie die Gucci-Loafer und Taschen, die über den Tresen gehen.
Intellektueller und more sophisticated unter dem Einfluss von Dekoration und Muster ist die Kollektion von Prada. Miuccia Prada kombiniert Tapetenmuster und Pril-Blumen mit Federn und Gummi-Klettverschlüssen und zeigt, wie zeitgemäß Retro sein kann.
Dem Comeback des Fun-Faktors hat Dolce & Gabbana sein Comeback zu verdanken. Mit ihren Spaß-Motiven haben sie schon in den letzten beiden Saisons eine Vorreiter-Position eingenommen. Dieses Mal setzt das Designduo mit Nudeln in Form von Schleifen, Eistüten und Cocktail-Fotos an der Bar als Prints neue Akzente.
Generell setzt Mailand mehr auf eine Weiterentwicklung vorhandener Themen, die einem beim Store-Check in der Innenstadt durchaus auch schon begegnen. Das Neue besteht allenfalls in der überraschenden Kombination von Stilelementen und Looks.
- Die Farb- und Muster-Mania geht weiter. Grafisch mit floral, Streifen mit platzierten Drucken, Palmen mit Folklore-Mustern, Tiermotive mit Blüten sind nur einige Beispiele, die in einen neuen Kontext gesetzt werden und auf den ersten Blick nicht zusammenpassen. Genau darin besteht die Raffinesse, die allerdings ein gutes modisches Händchen voraussetzt.
- In der Verbindung von Dekoration mit Sportivität liegt definitiv Potenzial. Der Blouson zum Rock, der Bomber zum Volant-Kleid, die Trainingsjacke mit Zip zum bestickten Chiffonkleid, das Football-Shirt zum Maxi-Rock. Die Mixtur wird auch über Materialien oder Details gespielt: Nylon zu Chiffon, Baumwolle zu Tüll, Tunnelzüge an Röcken, der allover bestickte Kapuzenpullover, Raffungen an Jacken.
- Rüschen, Volants, Stickereien, Schleifen, Applikationen – sie sind dekorative Zier. Ohne sie geht nichts im nächsten Sommer.
- Der Rock wird schon länger als modischer Aufsteiger gehandelt, kommerziell bislang ohne Erfolg. Egal: Die Designer in Mailand haben ihn trotzdem zum Liebling auserkoren. Am liebsten heiter beschwingt, von Midi bis Maxi – definitiv ein Key-Piece.
- Oversized…auch das Thema Volumen wird weitergespielt, zum Beispiel als leichte O-Shapes für Jacken und Mäntel oder als Detail in Form von einem Oversized-Ärmel bei Tops und Blusen.
Fotos: Martin Veit