Nach New York und London ist nun auch Mailand zu Ende gegangen. Doch auch der dritte Schauenplatz bot keine große Überraschung. Viel Dekoration, Jacquards, Materialmix, Farbe, Muster – die “Guccisierung” läuft zur Hochform auf, was abzusehen war und auch als Signal sicher gut für den Markt ist. Gekoppelt mit Layering, neuen Lagen und Proportionen entsteht daraus ein Look, der für Frühjahr/Sommer 2016 bereits eingeläutet wurde und jetzt in verfeinerten Abstufungen und satteren Farbtönen weiterentwickelt werden kann.
Eine Weiterentwicklung hat auch Alessandro Michele für Gucci präsentiert und damit alle Skeptiker eines Besseren belehrt, die immer an seinem kreativen Potenzial herumgemeckert haben. Seine Kollektion mit dem Titel “Rhizomatic Scores” thematisiert die Komplexität, sich in der heutigen Welt zurechtzufinden und die Gefahr, sich darin zu verlieren. Seine Handschrift wie gewohnt: exzentrisch, bunt, schräg. Und doch zeigt er neben opulent gerüschten Blusen, schräg gemusterten Minikleidern und poppigen Pullovern zu Maxiröcken eine neue Facette. Auf einmal poppen da akzentuierte Blazer, taillierte Mäntel und konfektionierte Kleider auf, die eine ganz klare Sprache sprechen, wenn man sich die überdimensionierten Nerd-Brillen und die strähnigen Haare mal wegdenkt.
Miuccia Prada setzt ebenfalls auf ein vielschichtiges Frauenbild. Auch wenn man es von der Italienerin nicht anders gewohnt ist – ihre Geschichte ist die Geschichte der Frauen, immer wieder zerstört sie Ästhetik, um sie neu und überraschend zusammenzusetzen, ist es ihr dieses Mal besonders gut gelungen. Thema ihrer Herbstkollektion: “Eine Collage der Frau”, die all die Gesichter, Facetten und Lebensphasen darstellen soll. So kombiniert sie Jacquardkleider mit Rautenstrumpfhosen, über Military-Mäntel schnürt sie Corsagen, Glencheck steht Spitze gegenüber, Stepp gegenüber Seide, Pelz gegenüber Flanell und Satin. Das Korsett wird für Miuccia Prada zum “Symbol der Feminität, von sexy bis Porno, aber aus freien Stücken entschieden”.
Auch Marni überzeugt mit einer weicheren, weniger von der Architektur inspirierten Handschrift. In dieser Saison geht es Consuelo Castiglioni um runde Proportionen für eine neue Form von moderner Romantik. Diese koppelt sie mit sportiven Elementen, etwa indem sie zu kurzen Capes und Pullovern mit runden Kanten und runden Ärmeln schmale Steghosen mit betonter Taille kombiniert. Es muss ja nicht gleich die Steghose sein, aber das ist eine moderne Hose und eine neue Optik, die möglicherweise eine Alternative zu den vielen weiten Hosen sein könnte.
Alle Fotos: Studio Martin Veit