Mailand gibt einen neuen Ton an

Alessandro Michele begeistert bei Gucci mit seinem luxuriösen Flohmarkt-Chic. Miuccia Prada beschäftigt sich wie so häufig mit ihrer Lieblingsfrage, was gängige Schönheitsideale sind. Tomas Maier überrascht bei Bottega Veneta mit einem neuen Gesicht. Gemeinsam ist ihnen eines:  Sie setzen Tradiertes in einen neuen Kontext – und schaffen damit ein Selbstverständnis von Mode, das neue Maßstäbe vorgeben könnte, frei von den gängigen weiblichen Idealen.

Was Michele vergangene Saison eingeläutet hat, setzt er in seiner zweiten Kollektion für Gucci fort. Mit seiner Ästhetik, ein bunter Seventies-Bazaar-Chic mit Midi-Faltenröcken zu hochgeschlossenen Schluppenblusen, geschnürten Ballerinas mit bunten Fellrändern und XL-Brillengestellen spielt er immer wieder mit Kontrasten und Unstimmigkeiten, egalisiert Geschlechter und protestiert damit gegen Diktate und Konventionen jeglicher Art.

Damit liegt Michele durchaus auf einer Wellenlänge mit Miuccia Prada, die sich jede Saison aufs Neue mit gängigen Schönheitsidealen auf intellektuelle Weise auseinandersetzt. Dieses Mal dreht sich alles um das Thema Kostüm und Mantel, aber es wäre nicht Miuccia Prada, wenn nicht klassische Elemente mit dem Unerwarteten eine neue Symbiose eingehen würden. In dieser Saison etwa Plastiknetze, die wie zufällig über die Schultern eines Blazers oder Kostüm gelegt sind – oder Schmuckstickereien aus Plastik als Dekoelement zu traditionellen Stoffen wie Glencheck oder Tweed.

Eine große Sehnsucht nach freier Natur, Trekking und Open Air hat offensichtlich auch Tomas Maier zu neuen Höhenflügen angetrieben. Er eröffnet die Show mit Trainingsanzügen in braun gemustertem Camouflage und Leo-Kapuze, mit  Zipper-Jacken, Cropped Pants und geschnürten Hot Pants. Dazu tragen die Models flache Slipper, Sandalen und Clogs. Ein für Bottega Veneta unerwartetes jugendliches, vielleicht auf den ersten Blick sogar verstörerisches Bild. Doch auch Maier schafft eine neue Ästhetik, indem er kurze Streifen-Pullover zu gemusterten Midi-Röcken kombiniert oder kleine Leo-Jäckchen zu Cropped Pants in Blau.

So unterschiedlich die drei Kollektionen sind, so klar sind ihre Signale. Mailand präsentiert ein starkes, selbstbewusstes Frauenbild und schlägt damit eine neue Richtung ein – ganz anders als Kollektionen wie Chloé, Céline, Stella McCartney, Valentino oder Saint Laurent, die in Paris eine Leitbildrolle haben. Vor diesem Hintergrund ist es besonders spannend, was in den nächsten Tagen in der Modemetropole an der Seine zu sehen ist.

Published by spielerweekly

Mehr als schöner Schein. spielerweekly berichtet über Mode, Trends, Kreative und Sortimente aus der Sicht all derer, die Mode nicht nur als Entertainment sehen, sondern damit ihr Geld verdienen möchten.

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