Mit ihren bunten, gemusterten Seidenkleidern ist Anni Carlsson bekannt geworden. Seit Februar macht die Hamburger Designerin Annika Schwieger mit QVC die Zweitlinie Anni for Friends. Als sie gerade damit auf Sendung ging, kam Corona. Was das für sie bedeutet, warum sie jetzt auf moderate Preise setzt und weshalb sie in diesem Frühjahr ihre Erstlinie Anni Carlsson erst gar nicht ausgeliefert hat, verrät sie hier im Interview.
Sie haben gerade eine neue Kollektion mit QVC gestartet, da kam Corona dazwischen. Hat sich das auf die Zusammenarbeit ausgewirkt? Wenn ja, inwiefern?
Annika Schwieger: Sagen wir einmal so. Es ist natürlich kein glücklicher Zeitpunkt. Aber ich muss wie damals bei Anni Carlsson jetzt bei Anni for Friends das Vertrauen der Kunden gewinnen. Jeder, der in der Branche ist, weiß, dass dies nicht über Nacht geschieht. Da hilft QVC als Unternehmen mit seinen großzügigen Leistungen in Lieferung, Bezahlung und Retouren sehr. Ich freue mich über diesen Distributionskanal.
Parallel dazu machen Sie ja noch eine hochwertige Kollektion für den Fachhandel. Wie ist da der aktuelle Stand?
Hier waren wir schon sehr früh betroffen durch die Corona Situation in China. Ich arbeite mit einer kleinen Manufaktur in China, außerhalb von Hong Kong, die hauptsächlich für uns nähen. Ich war sehr betroffen zu hören, dass es noch schwerer war, die Näher nach dem Chinese New Year zurückzuholen. Hier hatte Corona schon einiges blockiert, und die Preise gingen nach oben. Ich musste mich im Januar dazu entschließen, das erste Mal in zehn Jahren, die Saison nicht zu produzieren. Ich habe all unsere Kunden darüber informiert, da wir unter anderem unsere Liefertermine nicht hätten halten können und ich einen unfassbaren Aufpreis bezahlt hätte. Es war eine sehr schwere Entscheidung. Heute – nur einige Wochen später, bin ich froh! Es war eine gute Entscheidung. Ich möchte jetzt nicht in der Haut von anderen Lieferanten stecken, die jetzt produzieren und dann ab Juli ausliefern – an all die Händler, die jetzt Wochen Ihre Geschäfte geschlossen haben. Was passiert mit der Ware, die jetzt in den Läden hängt (teilweise ja auch noch gar nicht bezahlt), und dann weiß niemand so recht, wie das Konsumverhalten der Verbraucher einzuschätzen ist. Ich habe jetzt bei Anni Carlsson ein Sofortprogramm auf den Weg gebracht. Es wird bei uns im Juli , August im Lager sein, allerdings in einer Kunstfaser und nicht mehr aus reiner Seide. Ich habe mich entschieden, etwas Neues auszuprobieren, da auch wir gespürt haben, dass die Kundinnen bei uns diese Preislagen nicht mehr bezahlt haben.
Nehmen Sie für die neue Frühjahrssaison 2021 irgendwelche Änderungen an der Kollektion vor?
Ja, auch hier ändern wir komplett die Qualität und gehen auf die Kunstfaser, aber dafür in einer sehr guten Preislage. 159-300 Euro VK und eine 3.0 Marge für den Handel. Wir gehen auf sehr ausgewählte Looks, zum Beispiel auch Jeans zu den nach wie vor besonderen und fröhlichen Drucken. Es wird zwei bis drei Liefertermine geben. Das werden wir jetzt in den nächsten vier Wochen entscheiden.
Wie Sie schon gesagt haben, Sie produzieren viel in China. Wie ist dort die Situation aktuell?
Wir produzieren 90% in China. Hier läuft alles wieder langsam an, und darüber bin ich sehr froh. Meine Partner sind alle gesund und wohlauf, aber die Kapazitäten sind noch lange nicht dort, wo sie vor der Krise waren. Aber das, was alle dachten im Dezember und Januar – das jetzt die Lieferanten zum Produzieren nach Italien und in die Türkei gehen – ist wegen Corona nicht eingetreten. Es ist eine so VERrückte Zeit im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt ist bei uns alles lahm gelegt, und in China läuft es wieder langsam an… aber wer weiß, was in acht Wochen ist? Ich mache einfach weiter – langsam, vorsichtig – aber ohne zu wissen oder auch nur eine Ahnung zu haben, wie es im Sommer aussehen wird.
Was ist zurzeit für Sie die größte Herausforderung?
Keine Sicherheit zu haben. Krisen kennen wir alle. Dann machen wir Pläne. Aber heute? Niemand von uns weiß, was in den nächsten Wochen passiert. Aber, wie Sie sagen …. ich rede hier von Herausforderung. Trotz all den äußeren Umständen befinden wir uns in Deutschland immer noch in einer Komfortzone. Ich denke an all die armen Länder, in denen die Gesundheitsversorgung so gar nicht gewährleistet ist. Wir hier in Deutschland und hoffentlich in Europa werden für uns einen Weg finden. Gesundheit ist unser höchstes Gut! Mein Sohn wurde positiv getestet – er hat eine Vorerkrankung. Das war für mich das Allerschlimmste in den letzten Wochen. Um so glücklicher und erleichterter war ich, das er keinerlei Symptome hatte und nun gesund ist. Aus diesem Grund bin ich zuversichtlich, dass wir alle vor den wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir aktuell stehen, gemeinsam eine Lösung finden.