Mehr als schöner Schein. spielerweekly berichtet über Mode, Trends, Kreative und Sortimente aus der Sicht all derer, die Mode nicht nur als Entertainment sehen, sondern damit ihr Geld verdienen möchten.
Material- und Dekorationslust, Lagen- und Hüllenlook, Seventies und neue Business-Looks. Die internationalen Designerschauen zeigen ganz unterschiedliche Facetten – und man darf gespannt sein auf Paris, was die großen ehrwürdigen Namen wie Chanel, Louis Vuitton, Hermès, Chloé und Céline für nächsten Herbst propagieren.
Neu ist die schlanke, lang gezogene Silhouette, wie sie Marni, Jil Sander oder Colangelo in Mailand präsentieren. Figur schmeichelnde Kleider über Hosen: Diese Outfitidee ist schon für diesen Sommer aufgetaucht und wird für Herbst/Winter 2015/16 weiterentwickelt. Wie marktfähig sie ist, wird sich zeigen. Allerdings handelt es sich dabei um einen echten Figurschmeichler, insofern dürfte der Look durchaus kommerzielle Chancen haben. Durch die schlanke, aber nicht einengende Silhouette lassen sich ein paar Kilos zu viel locker kaschieren – und dank des Lagenlooks ist es auch kein Problem, einen Mantel darüber zu tragen. Fertig ist der Cocooning-Look, und man sieht gut angezogen aus. Durch diese Kombination kommen auch weitere Hosen ins Spiel – natürlich kann man das Kleid auch zur schmalen tragen, wie Porsche Design das gezeigt hat – oder gleich zum Rock wie bei Colangelo.
Fest steht schon jetzt: Das ist definitiv eine neue Silhouette, die im Auge behalten werden sollte.
Handwerk, Dekoration, Schneiderkunst: Die Designer besinnen sich zur Mailänder Modewoche auf italienische Werte. Karl Lagerfeld verarbeitet Pelz und Leder zu einer Art Schutzschild, dazwischen tragen die Models überdimensionale Daunenjacken. Consuelo Castiglione hat sich für Marni von einer wilden Wanderin inspirieren lassen – mit einem Marsch durch Materialien und Muster. Miuccia Prada macht das wieder auf ihre ganz eigene intellektuelle Art, indem sie Materialien oder Schmucksteine in einem Outfit zusammenbringt, die eigentlich gar nicht zusammenpassen oder an das jeweilige Kleidungsstück hingehören.
Der exzessive Umgang mit Materialien und schmückenden Materialien war auch schon in London und New York zu sehen. Doch in Mailand findet man die wahren Meister, wenn es um Stoffe und ihre Verarbeitung geht. Pelz, Leder, feinste Tuche, Seide und Jacquards gehen neue Verbindungen ein, eine Art Patchwork-Potpourri. Spannend wird es jetzt in den nächsten Tagen, was Paris zu bieten hat.
“Patchwork, Pattern & Prints” lautete der Name der neuesten Burberry Prorsum-Kollektion, und dieser Titel ist wegweisend für die Lust auf Muster, Dekoration, Materialmix, Ethno und Hippie vieler Designerkollektionen für kommenden Herbst. Nicht nur in London, wo interessante Verbindungen von Muster und Dessinierungen u.a. von Mulberry, Peter Pilotto und Erdem gezeigt wurden. Immer in satten Herbstlaub- und Erdtönen, von einem Hauch Vintage überzogen. Und doch überaus luxuriös. Auch in New York gab es folkloristische Anleihen. Tory Burch etwa betitelte ihre Kollektion “Marrakesch meets Chelsea”. Vielleicht haben sich die Kreativen auch von der Ausstellung “Thea Porter Bohemian Chic” inspirieren lassen, die gerade im Londoner Fashion and Textile Museum eröffnet wurde. Es bleibt spannend, ob von dem Folklore Spirit auch was in Mailand und Paris zu spüren sein wird.
Mit New York ist der internationale Schauenreigen für Herbst/Winter 2015/16 wieder eröffnet. In der Metropole am Hudson River wird schon immer auf die richtige Dosierung von Kreativität und Kommerzialität geachtet, doch in dieser Saison scheinen die Designer extrem darauf bedacht zu sein, dass ihre Entwürfe verkäuflich und ihr Geld wert sind. Tragbarer Luxus, so könnte man es auf einen Nenner bringen – oder um es in Michael Kors Worten zu beschreiben: “Wir lieben Luxus und Glamour, aber wir gehen nicht jeden Tag zu den Oscars. Also habe ich versucht, Glamour auf den Alltag zu übersetzen.”
Michael KorsMichael KorsMichael KorsMichael KorsMichael Kors
Das kann vermutlich keiner so gut wie er: Seine Cashmerekleider zum Pelzmantel versprühen genauso diesen American Richness-Gedanken wie seine Capes in Trenchcoat-Form über einem an den Ärmeln aufgeschlitzter Blazer zur Culotte. Jacquards setzt der US-Amerikaner englische Tweedmuster entgegen, die dann mit einem Pelzmuff oder Pelzstulpen wieder eine Portion Glamour versprühen. Immer wieder spielt Kors mit reichen Materialien und simplen Silhouetten. So entsteht Spannung, die jedoch nicht aufgeregt ist. Das ist zwar nicht überragend neu, aber schön tragbar.
Vielleicht ist es auch der richtige Moment, angesichts der weltweit politischen und wirtschaftlichen Unruhen an Vertrautem festzuhalten. Die meisten Ideen der in Manhattan gezeigten Ideen setzen auf Evolution statt Revolution. New York ist weder so progressiv wie London noch so expressiv wie Paris.
Calvin Klein CollectionCalvin Klein Collection
Francisco Costa ließ sich für Calvin Klein Collection von den späten Sixties inspirieren – in einer vorwiegend dunkel gehaltenen Kollektion mit minikurzen Shiftkleidern, Pelzpatchmänteln und Lederpatch-Culottes. Es muss ja nicht gleich die totale Auseinandersetzung mit Schwarz sein, wie Alexander Wang es in dieser Saison getan hat – weil die Kundinnen eben Schwarz wollen, wie er vor der Show erklärt hat. Ob sie allerdings in dieser Extremform Gefallen daran finden, bleibt abzuwarten. Die extremen Plateau-Schnürer und strähnigen Haare sind noch nicht mal gewöhnungsbedürftig, sondern schlichtweg nicht schön, aber die einzelnen Teile, Blazer, Mäntel, Hosen, Pullover und Kleider zeugen durchaus von einer verständlichen Modernität. Genauso wie die präzise geschnittenen Kleider, Blazer und Mäntel, die Jason Wu in dritter Saison für Boss Women entworfen hat.
Boss WomenBoss Women
Oder Pierre Costin, der für Porsche Design mit High Tech-Anleihen, technischen Details und scharfen Silhouetten eine neue, progressive Generation von Layering ausruft.
Nicht nur Costin, auch zahlreiche andere Designer feiern das Comeback eines neues Lagen-Looks, bei dem gerne die Taille im Blickpunkt steht. Überhaupt ist das Thema Verhüllen, Cocooning omnipräsent – und vielleicht am schönsten umgesetzt von The Row. Die Olsen-Sisters zeigen eine langgezogene Silhouette – mit schmalen Lederkleidern oder lässigen Hüllenmänteln zu weichen, weiten Hosen. Auch sie setzen auf gedeckte Farben – generell dominieren dunkle Töne, viel Schwarz, Schwarzgrau, Navy mit Schwarz oder Schwarz mit Weiß, Grau, Anthrazit und Braun.
Es gibt sehr viel Material-Mix, neue Hosensilhouetten inklusive der Culotte, viel Taillenbetonung, Hüllenmäntel und nach wie vor viel, viel Pelz. Bleibt die Frage, ob und inwiefern London, Mailand und Paris sich in puncto Trends unterscheiden. In wenigen Tagen werden wir es wissen. Heute ist London an den Start gegangen.
Russische Exportkatastrophe, Schweizer Frankendesaster, heimische Kaufverweigerung. Diese Orderrunde ist knüppeldick – so heißt es von allen Seiten. Doch in Krisen stecken immer auch Chancen, und selbst in dieser knallharten Zeit gibt es Labels, die gute Geschäfte machen. Weil sie ein starkes Preis-Leistungsverhältnis haben, eine klare Modeaussage oder eine eindeutige Produktfokussierung. Deshalb zur Abwechslung mal ein paar positive Beispiele:
The Mercer N.Y. Die Premium-Eigenmarke der Katag bietet moderne Produkte mit einem verständlichem Modegrad und einer Kalkulation von 3,0. Modische Spitzen wie die Culotte in Lammnappa zum sagenhaften Preis von 399 Euro gibt es genauso wie modischen Strick – vom kleinen boxy Pullover bis zum Oversized-Modell. Und wer modische Basics sucht, wird ebenfalls fündig. Ok, die Mützen mit Pelzbommel hätte es nicht mehr gebraucht – sie gibt es inzwischen schon auf Weihnachtsmärkten zu kaufen – aber die Kollektion lässt viele Möglichkeiten zu. Kein Wunder, dass die Premium-Einkäufer so happy sind.
Steffen Schraut. Der Düsseldorfer fährt schon lange gut mit dem Konzept, Trends kommerziell umzusetzen und seinen Kunden eine Kalkulation von 3,0 zu ermöglichen. Sein Erfolgsrezept liegt ebenfalls in dem breiten Spektrum, dass Stylebop genauso gut wie Lodenfrey damit zurechtkommt – und die Kollektion, je nachdem wie sie gekauft wird, ganz unterschiedliche Frauentypen bedienen kann. Schraut hat in den letzten Saisons sukzessive expandiert, baute das Größenspektrum nach oben und unten aus, hat eigene Flächen eröffnet – die Steffen Schraut Studio heißen. Jetzt startet er neu mit Schuhen. Mit Schwerpunktpreisen zwischen 200 und 300 Euro VK. Genau in diesem Preissegment fehlt seit Jahren eine modische Schuhkollektion. Schraut hat diese Lücke erkannt. Dazu kann man ihm nur gratulieren.
Blonde No8. Vor vier Jahren saß Michael Boveleth bei mir in der Redaktion – damals noch bei der TW – und präsentierte mir seine neue Kollektion. Seine Idee: eine fokussierte Jacken- und Outdoorlinie zu machen, nachdem er bei Ambiente ausgestiegen war. Die erste Kollektion umfasste 24 Jacken- und sechs Outdoor-Modelle, darunter einen Parka mit Pelzbesatz. Dieser Parka ist bis heute das Erfolgsmodell – und gibt es mittlerweile längst in ganz unterschiedlichen Ausführungen auch für Männer und Kinder. Seit neuestem ist auch Strick im Angebot, wie die Jacken mit einer Kalkulation von 3,0. für den Handel. Bleibt zu hoffen, dass Michael Boveleth sich nicht verzettelt. Eigentlich ist die klare Produktfokussierung genau richtig. Denn mit seinem Blonde No8 macht er mehr Umsatz als zu aktiven Ambiente-Zeiten.
Ivi. Auch diese Kollektion wächst jede Saison ein bisschen mehr und macht Hoffnung, dass auch neue Labels noch eine rosige Zukunft haben. Das Kölner Label (über die Agentur Birgit Wissemann, Düsseldorf) steht für starke Drucke, dieses Mal zeigen die Seidenblusen Ornament-Muster, 70er Jahre inspirierte Ablaufprints und einen gepixelten Rosendessin-Druck. Dazu Capes und Ponchos, Velourslederhosen im Jogging-Style und ein kragenloser Lammfell-Mantel. Auch diese Kollektion überzeugt mit ihrem Mode-Grad. Modisch, aber nicht abgehoben. Das gilt übrigens auch für die Preise. Seidenblusen etwa liegen um die 90 Euro im EK. Insofern ist Ivi ein gutes Beispiel, dass nicht jede Designerkollektion preislich abdrehen muss.
Mehr modische Spitzen, mehr Highlights, mehr Mut – das waren die Schlagworte, als die Einkaufsrunde noch in den Startlöchern war. Jetzt, einige Wochen später, wo die guten Vorsätze auf dem Orderblock landen müssen, hört man immer wieder, so auch auf der Premium Order in München: An das Thema Culotte trauen sich viele Einkäufer nicht so richtig ran.
Mitunter sogar verständlich. Einige Hersteller haben die Culotte so interpretiert, dass man Stoßgebete zum Himmel senden möchte, sie so hoffentlich niemals auf der Straße zu sehen. Diese Hosenform, die nun mal an der dicksten Stelle der Wade endet, macht in beigem Wollcrêpe oder hellgrauen Flanell mit weißem Gitterfenster keine Frau schöner. Da sieht selbst die 20-Jährige mit Konfektionsgröße 36 älter als ihre Großmutter aus.
Bei dieser Hose entscheidet das Material extrem über den Grad der Modernität. In Leder, Lederimitat, einem Wollcrêpe oder Wollgemisch wirkt die Culotte gleich ganz anders als in Flanell. Und wenn Flanell, dann bitte in dunkel und nicht in Taupe oder Hellgrau – und schon gar nicht mit Dessins. Die neue weite Silhouette und dann noch Muster wird vermutlich viele Kundinnen schnell überfordern.
Auf sie zu verzichten, wäre trotzdem fatal. Dann kauft die modische Frau sie nämlich garantiert bei Zara, Cos oder H & M. Das gilt genauso für weite Hosen und Bootcut-Modelle. Seit Jahren beherrscht die Skinny die Kleiderschränke der Frauen. Die Röhre hat innerhalb von zehn Jahren fast jedes andere Hosenmodell verdrängt. Und damals, als der Trend hochkam, gab es auch viel Skepsis, ob die Hose, die sich von der Hüfte über die Wölbung des Knies bis hin zum Knöchel so eng an das Bein schmiegt, dass kaum mehr als ein Fingerbreit zwischen Stoff und Haut passt, wirklich kommerziell sein kann.
Dass nach dieser langen Zeit zumindest modische Frauen Lust auf neue Hosensilhouetten haben, ist so sicher wie die Tatsache, dass Nicole Kidman zuviel Botox spritzt. Stilikonen wie die russische Bloggerin Miroslava Duma wurden schon während der letzten Designerschauen in der Culotte gesichtet.
Mit Sicherheit wird die Culotte die Skinny nicht vom Thron stoßen. Aber als Highlight, modische Spitze, Lockvogel ist sie definitiv ein Muss. Genauso wie die weite Hose. Also bitte mutig sein.
Mehr Mut zur Mode – dann kommt vielleicht auch wieder die Lust zum Shoppen. Foto: Marc Cain
Reduzierungen von 50 Prozent und noch mehr – und trotzdem keine Käufer. Dieser Winter hat gnadenlos vor Augen geführt, dass Mode es zur Zeit nicht gelingt, die Frauen zu verführen. Warum auch. Daunenjacken hat mittlerweile fast jeder im Kleiderschrank, derbe Boots sowieso, ganz zu schweigen von Cashmere-Pullovern, Hemdblusen, kuscheligen Schals, Skinny Jeans und Seidenkleidern.
Modetrends unterliegen schon lange ihren eigenen Gesetzen – mit ganz eigenen Vorstellungen und Interpretationen. Wer keine Kleider mag, trägt eben Jeans. Wer Herrenhemden nicht ausstehen kann, greift zur Seidenbluse. Diese modische Freiheit macht es für die Modebranche nicht leichter. Denn die vielen Paralleltrends führen dazu, dass die Verbraucherin nicht zwangsläufig die Notwendigkeit sieht, jede Saison ihre Garderobe zu erneuern.
Die Marktsättigung zeigt sich in unseren Kleiderschränken. Wir haben mehr als genug darin hängen. Und die Masse an Ware, die sich zur Zeit in den Sortimenten findet – die alte reduziert und zusammengestopft, um für die neue Platz zu haben – macht nicht gerade Shopping-Laune. Dann noch überall dasselbe Bild, dieselben Marken. Das führt zur Ermüdung, zur Überforderung. Mitunter zur Verweigerung.
Die letzte Saison hat es dramatisch vor Augen geführt. Wir hatten das 3. Jahr in Folge Minus im Modehandel. Ein Minus von 3% meldet die TW für 2014. Und das – obwohl es um die Kauflaune der Deutschen so gut bestellt ist wie um die Bierlaune auf dem Oktoberfest, wie die FAZ vor einigen Wochen in einem Artikel über Bekleidung geschrieben hat. Laut GFK ist 2014 die Konsumbereitschaft der Deutschen auf dem höchsten Stand seit Jahren. Die Inflationsrate ist mit 0,9% so gering wie seit fünf Jahren nicht mehr, und die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank verführt sogar uns sparwütigen Deutschen, unser Geld unter die Leute zu bringen.
Die Mode profitiert leider nicht davon. Der Anteil der Ausgaben für Bekleidung an der Gesamtkaufkraft hat sich seit 2000 nahezu halbiert. Die Gfk prognostiziert für 2015 einen absoluten Tiefstand von 1,8% (bezogen auf das verfügbare Einkommen).
Stattdessen geben die Deutschen ihr Geld für Reisen aus, für Wellness, Immobilien, Beauty, Essen/Genuss und natürlich elektronische Geräte wie Smartphones und Tablets.Die Anzahl der Smartphone User in Europa ist laut einer Studie von Bain & Company 2013 im Vergleich zum Vorjahr von 49 auf durchschnittlich 64% gestiegen, bei Tablets hat sich das Wachstum mehr als verdoppelt. 2013 waren es 39%, 2012 gerade mal 18%, die ein Tablet besaßen. Das Geschäft mit Beauty-Produkten ist 2013 laut dem Deutschen Kosmetikverband um 3,6% gestiegen auf knapp 2 Mrd. Euro. Für Reisen haben die Deutschen 2013 allein im Ausland 65 Mrd. Euro ausgegeben.
Das zeigt: Mode erhält heute von anderen Konsumsparten Gegenwind. Denn die Leute haben ja nicht zwangsläufig mehr Geld, es wird nur anders verteilt. Umso klarer, profilierter müssen heute Sortimente und Kollektionen sein. Wer nur jede Saison mehr Hosen, Jacken und Pullover verkaufen möchte, fischt im gleichen Teich wie alle anderen und strahlt wenig Kaufverlockung aus. Gefragt sind starke Produkte, starke Themen, die einen modernen Look transportieren – über Altersgrenzen hinweg. Es gibt sie, die neuen Themen. Man muss sie aber auch einkaufen.
Mehr Emotionen in den Geschäften wecken, mehr Mode bringen, mit mehr Spitzen die Kunden überraschen – das sind die neuen Schlagwörter, die plötzlich in Berlin und Düsseldorf überall zu hören sind. Und oft im selben Atemzug mit den eigenen Abverkaufslisten aus der Vorsaison wieder torpediert werden. Wer glaubt, mit denselben Themen die Kunden aus ihrer Kaufreserve zu holen, läuft definitiv Gefahr, sich nächste Saison wieder ein blaues Auge einzufangen.
Es gibt schöne neue Modethemen, neue Farben. neue Silhouetten. Es gibt Bewegung bei einzelnen Produkten. Bei den Hosen “wird das Diktat der schmalen Hose durchbrochen”, wie Gudrun Allstädt auf der TW-Orderinfo in Düsseldorf es so schön formulierte. Bootcut, Culotte, Marlene – es kommt Bewegung ins Bein.
Mehr Volumen in der Hose. Perret Schaad
Wir haben schöne neue Röcke, leicht ausgestellt und in verschiedenen Längen, werden sie zu einer ernsten Alternative zum Kleid. Der Wollmantel ist ein Shootingstar, der Plüschmantel ein Statement-Piece – und das sogar noch mit der nötigen Political Correctness.
Es gibt wunderschöne neue Farbharmonien wie Burgund mit Rot, Braun und Pink, auch für modernen Mustermix, wie Schumacher das gezeigt hat. Es gibt großartigen Strick neue Ponchos und Capes, ein Comeback von coolen Klassikern wie Rollkragenpullover, Mantel, Wollhose, Longweste und Blazer. Jetzt kann man hoffen, dass die Einkäufer nicht auf halber Strecke der Mut verlässt. Nur mit konsequent neuen Modethemen lockt man die Frauen aus der Kaufreserve.
Der 70. Geburtstag und das 35. Firmenjubiläum – wenn das kein Grund zu feiern ist. Zu diesem doppelten freudigen Anlass hat die Cashmere Queen 310 Gäste in ihre Hamburger Stadtvilla geladen und feierte unter dem Motto “Seventy meets thirtyfive.“ Ein Highlight waren überlebensgroße, an die Wände projizierte Videoinstallationen mit Bildern aus der Firmengeschichte und von Sohn Valentin.
Die Show von Dorothee Schumacher Herbst/Winter 2015/16
Im Vorfeld wurde viel über die Zukunft von Berlin diskutiert. Wie geht es weiter? Was wird aus der Fashion Week? Wie laufen die Modemessen ohne Bread & Butter?
„Berlin steht als Modestandort an einem Scheideweg zwischen Himmel und Hölle“, sagte Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp zu Beginn der Fashion Week auf der Konferenz Mode & Stil des Zeit-Magazins, wo viel um die Zukunft von Berlin als Modestadt diskutiert wurde.
Vier Tage später kann man sagen: Im Himmel schwebt Berlin noch lange nicht. In der Hölle muss die Stadt aber auch nicht schmoren. Premium und Panorama haben bewiesen, dass sie auch ohne Bread & Butter genügend Strahlkraft bieten. Beide Messen waren hervorragend besucht, genauso die Seek und Show & Order. Die Fashion Week hat Defizite. Es gibt zu viele belanglose Shows im offiziellen Kalender mit Kollektionen, die auf dem Laufsteg nichts zu suchen haben und Mode mit schlechter Unterhaltung verwechseln. Doch mit dem Modesalon Berlin, der erstmals ins Leben gerufen wurde, hat die deutsche Mode ein positives Signal gesetzt. Diese Plattform hat kreatives Potenzial, und das lässt für die Zukunft hoffen.
Die Top Five der Berlin Fashion Week:
1. Berliner Modesalon
Zufrieden: Johnny Talbot und Adrian Runhof von Talbot RunhofIris von ArnimTalbot RunhofSchackyDie Präsentation von AlludeRené
Dies war eine der besten Ideen von Chrstiane Arp und Markus Kurz, Inhaber der Kreativagentur Nowadays, für den Standort Berlin. Zusammen mit der Gründung eines German Fashion Design Council zur Unterstützung junger Kreativer. Die Beiden haben eine Auswahl von 18 Designern im Kronprinzenpalais versammelt, darunter Augustin Teboul, Malaikaraiss, Perret Schaad, Odeeh, Iris von Arnim, Allude, Dorothee Schumacher, Hien Le, René, Schacky, Talbot Runhof und Lala Berlin. Einkäufer und Journalisten konnten ausgesuchte Entwürfe und Installationen der Kreativen in ansprechendem Ambiente betrachten, fühlen – und mit den Designer darüber diskutieren. Die waren nämlich alle vor Ort. Auch die Entscheidung, die Veranstaltung zeitlich zu limitieren, war richtig, denn so verwandelte sich der spätklassizistische Palais unter den Linden für drei Stunden zum kreativen und kommunikativen Treffpunkt.
2.Odeeh. Ihre Präsentation war nicht nur die Größte im Kronprinzenpalais, sondern auch die Beste. Die beiden Designer Jörg Ehrlich und Otto Drögsler hatten Berlin schon den Rücken gekehrt. Sie verkaufen ihre Kollektion in Düsseldorf und München – ihre internationalen Kunden treffen sie in Paris. Für die Initiative im Kronprinzenpalais sind sie nach Berlin zurückgekehrt – als zusätzliche Plattform. Man kann nur sagen: glücklicherweise, denn das hat den Standort bereichert. Ehrlich und Drögsler beherrschen das Spiel mit Formen und Farben, Texturen und Strukturen. Ihr eklektischer Look und rigider Umgang mit Silhouetten spricht eine moderne, internationale Sprache. Und zeugt von Mut. Viele Jahre waren die Beiden das Kreativteam von René Lezard, bevor sie ihre eigene Kollektion ins Leben gerufen haben. Mittlerweile hängt Odeeh in renommierten Geschäften – und ist definitiv ein Aushängeschild für deutsche Mode.
3. Dorothee Schumacher. Sie ist seit Jahren das Zugpferd der Berlin Fashion Week – und auch in dieser Saison zweifelsfrei der Höhepunkt. Ihre schwingenden A-Silhouetten mit erhöhter Taille, abstrakten floralen Muster in Herbstlaubtönen und reiche Materialien wie Jacquard, Tweed und Ponyskin verbinden sich zu dem für Schumacher charakteristisch feminen Look, der sich immer wieder neu erfindet und dennoch unverwechselbar Schumacher ist. Genauso wie ihre Präsentationen: Im Foyer der Villa Elisabeth wurden die Gäste von einem Blumengebinde aus 1000 Rosen und Eukalyptuszweigen empfangen, am Eingang wehten luftige Stoffbahnen in der Luft. Bei Dorothee Schumacher sitzt jedes Detail.“Nie ist eine Kollektion so selbstverständlich und mit solcher Leichtigkeit entstanden wie diese“, schreibt sie in einem Brief an ihre Gäste. Diese Leichtigkeit transportiert die Kollektion – und hat trotzdem Substanz. Wäre schön, wenn so manch anderer Designer in Berlin sich davon ein Stück abschneiden könnte. Dann gäbe es nicht so viel belanglose Kollektionen auf dem Laufsteg zu sehen, und Berlin wäre einen Schritt weiter.
4. Perret Schaad. Wer so klar über Saisons hinweg seine Handschrift entwickelt, hat verdient, mehr Beachtung zu finden. Die minimalistischen Entwürfe von Johanna Perret und Tutia Schaad stehen für eine neue Generation von Klassik , gepaart mit einem unverwechselbaren Farbgefühl. Eine rote Seidenbluse zum dunkelroten Midi-Rock, dazu pinkfarbene Sandalen und eine Tasche in Currygelb – das geht gar nicht, könnte man meinen. Perret Schaad beweist das Gegenteil.
5.Frauke Gembalies. Sie ist in der Modebranche keine Unbekannte. Die Berliner Designern, früher bei Akris, Rena Lange und Lanvin, geht einen ganz anderen Weg. Sie verkauft ihre Kollektion in exklusivem Rahmen an exklusive Kunden im Direktvertrieb. Das führt dazu, dass ihre Kunden die luxuriösen Hüllenmäntel, Männerhemden, Bouclé-Oversized-Pullover und Lederkleider sechs bis acht Wochen nach Ordereingang bekommen. Beste Qualität, alles wird in Frankreich produziert – zu einem fairen Preis. Auch das ist eine Möglichkeit als Designer, seinen Weg zu gehen.
Gabriele Frantzen, Schmuckdesignerin und Agentur-Chefin von Best of 19
Am Montag ist es wieder soweit: Berlin wird für drei Tage zum Dreh- und Angelpunkt der deutschen Mode. Messen, Modenschauen und jede Menge Parties. Vier Expertinnen verraten ihre ganz persönlichen Lieblingsplätze, emotionalen Momente und Beauty Secrets gegen wenig Schlaf.
Gabriele Frantzen, was ist für Sie der schönste Moment an der Fashion Week in Berlin? Freunde und Kunden wieder zu sehen, sowohl auf der Messe als auch am Abend.
Verraten Sie uns Ihr Survival-Programm für die stressigen Tage? Ich finde es nicht stressig, eher Adrenalin pur…
Ihr Beauty-Secret gegen wenig Schlaf? Kalt duschen
Ihr persönlicher Lieblings-Store? Der neue Buch& Zeitungsladen SODA
Ihr persönlicher Lieblingsplatz in Berlin? Bei unserer Tochter.
Karin Veit, Chefdesignerin von Marc Cain
Karin Veit, was ist für Sie der schönste Moment an der Fashion Week in Berlin? Wenn die Show vorbei ist und die Anspannung von mir und meinem Team abfällt – und man sich über den Erfolg freuen kann.
Verraten Sie uns Ihr Survival-Programm für die stressigen Tage? Ruhe in dir selbst.
Ihr persönlicher Lieblings-Store? Ich habe mehrere: Voo Store, The concept mall Bikini Berlin und Murkudis.
Ihr persönlicher Lieblingsplatz in Berlin? Ich liebe den Kaffee in der Meierei im Prenzlauer Berg und den hausgemachten Apfelstrudel. Aber in Berlin entdeckt man ja auch immer neue Plätze.
Sue Giers, Einkäuferin von Linette in Hamburg und PR-Lady von Closed
Sue Giers, was ist für Sie der schönste Moment an der Fashion Week in Berlin? Das Closed „In good Company“ Dinner zum Auftakt der Fashion Week. Es ist einfach schön, alle nach der langen Winterpause wieder zu sehen.
Verraten Sie uns Ihr Survival-Programm für die stressigen Tage? Nicht überall die Welcome Drinks annehmen und viel Wasser trinken. Ansonsten ist mein Kick of- Start in den Tag immer ein Lauf durch den Tiergarten – das versorgt mich für den ganzen Tag mit ausreichend Sauerstoff.
Ihr Beauty-Secret gegen wenig Schlaf? Overnight Masken, viel Wasser und ein Schnitzel! Lachen hilft auch!
Ihr persönlicher Lieblings-Store? Der Closed Store im Bikini-House und Schwarz Hogerzeil in der Mulack Straße.
Ihr persönlicher Lieblingsplatz in Berlin? Das Pargamon Museum.
Martina Cruse, Geschäftsführerin von Riani
Martina Cruse, was ist für Sie der schönste Moment an der Fashion Week in Berlin? Wenn der letzte Titel der Show gespielt wird. Das ist immer ein Song mit richtig Power und Stimmung. Alles hat gut geklappt und man spürt förmlich das Knistern und die guten Vibrations, die sich im Zelt ausbreiten. Einfach Gänsehaut pur!
Verraten Sie uns Ihr Survival-Programm für die stressigen Tage? Das ist positiver Stress , da ist so viel Adrenalin im Spiel , da brauche ich kein Survival Program, da überlebt man ganz von alleine und das das auch noch ohne irgendwelche Mühe.
Ihr Beauty-Secret gegen wenig Schlaf? Sechs Stunden Schlaf reichen mir auch im normalen Alltag , die bekomme ich in Berlin auf jeden Fall. Zu viel Schlafen macht lazy, und in Berlin verpasst man dann einfach die wichtigen Momente .
Ihr persönlicher Lieblings-Store? Ich liebe das KaDeWe und schaue auch gerne im Bikini House oder der Mall of Berlin.
Ihr persönlicher Lieblingsplatz in Berlin? Während der Fashion Week auf jeden Fall das Zelt am Brandenburger Tor und unser Messestand auf der Panorama. Eben da, wo meine Lieblingskunden sind und mit mir über die Kollektion, unsere Branche, Freud und Leid philosophieren können.